Wir möchten euch auf folgende Broschüre zu Täterschaften, Definitionsmacht und allgemeiner Ratlosigkeit in der Linken hinweisen. Es werden einige interessante und diskussionswürde Punkte aufgemacht. Insbesondere die Beschreibung des eigenen Abwehrverhaltens und Wegschieben unserer Übergriffigkeit als Männer sowie eine große Konzentration auf präventiven Umgang in unseren (intimen) Nahbeziehungen finden wir sehr gut und gehört ausgebaut! Hierbei sehen wir Ansatzpunkte für eine deutliche Verbesserung „unseres“ Umgangs. Diskussionswürdig und problematisch dagegen sehen wir den Rückgriff auf die bürgerliche Justiz als letzten Ausweg.

Wissend, dass das pauschale Abraten von einer Strafanzeige für Überlebende sexueller Gewalt große Probleme darstellen kann, denken wir gleichzeitig, dass ein zwangsläufiges Raten zur „Anzeige“ genauso falsch wie gefährlich ist. So können nicht alle Überlebenden aufgrund anderer Unterdrückungsmechanismen gleichermaßen zur Polizei gehen. Außerdem wird immer wieder deutlich, dass durch bürgerliche Gerichtsbarkeit seltenst Schutz oder gar „Gerechtigkeit“ geschaffen wird. Das derzeit prominenteste Beispiel unserer Bewegung ist der Vergewaltiger und Verräter Johannes Domhöver, dessen Sexualstrafverfahren durch die bürgerliche Justiz sang- und klanglos eingestellt wurde.

Auf indymedia wurde die folgende Broschüre leider entfernt, und lediglich ein Kritiktext veröffentlicht. Da wir die Debatte für notwendig halten findet ihr nun die folgende Broschüre im Orginal. Eure antifa-frankfurt.org

****


Derzeit gibt es auch in der deutschen Linken vermehrt sogenannte „Outings“ von Täterinnen, denen sexuelle Übergriffigkeiten und/oder Missbrauch vorgeworfen werden. Besonders sichtbar verhandelt wurden oder werden vor allem Vorwürfe gegen „prominente“ Personen bspw. im Musikkontext. Allerdings ist das natürlich nur die Spitze des Eisbergs und wie bei den meisten sozialen Praxen, häufen sich derzeit die Vorfälle, weil es nun eine Möglichkeit gibt, sie zu artikulieren und Gehör zu finden. So fragt sich mancher Genossin derzeit, unter welchen Menschen ersie eigentlich die letzten Jahre freundschaftlich gelebt bzw. mit welchen Menschen er*sie politisch ggf. durchaus riskante Dinge getan hat und wie mit solchen Vorfällen umgegangen werden soll – insbesondere, wenn eine allgemeine Vorsicht besteht, die Polizei und die bürgerliche Gerichtsbarkeit einzuschalten.

Wir beschäftigen uns aus verschiedenen Gründen schon länger mit dem Thema, sind seit Jahren/Jahrzehnten Aktivist*innen, Awareness-Personen oder haben als Sprösslinge linksaktiver Möchtegern-Dynastien interessante Perspektiven beizutragen, weswegen wir uns als lose Vernetzungsgruppe in NRW entschieden haben, hierzu einen Text zu veröffentlichen. Er soll Menschen Werkzeuge an die Hand geben, Prävention zu üben, sich in diesem hässlichen Feld zu bewegen, bestimmte Fehler nicht selbst machen zu müssen und aus einer passiven Haltung herauszufinden. Fühlt Euch deswegen eingeladen, über diesen Text zu sprechen, mit ihm zu arbeiten oder ihn für Eure Zwecke anzupassen. Sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen haben in Sachen Prävention von sexuellen Übergriffen verschiedene Aufgaben zu erfüllen, diese könnt Ihr anhand dieses Textes für Euch entwickeln.
Wir beschränken uns bei diesem Text aus einem pragmatischen Grund auf die deutsche Linke: Wir kennen sie relativ gut – ob und inwieweit unsere Beobachtungen und Schlussfolgerungen auch auf internationale linke Zusammenhänge passen, müsste von anderen Menschen eingeschätzt werden. Der Text dreht sich außerdem nur um sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen innerhalb von politisch aktiven Gruppen und sozialen Zusammenhängen, nicht um Übergriffe durch gänzlich fremde Personen.

Inhalt

° Auch wenn sie es immer noch nicht wahrhaben wollen: Wir sind nicht die Guten ……………………… 3
° Lifestyle vs. Politik ……………………………………………………………………………………………… 6
° Konkretes Thema: Date Rape – Täter kann jede*r sein …………………………………………………… 8

  • Definitionsmacht und Opferzentrierung………………………………………………………………… 9
  • Offen sprechen, Dinge benennen ……………………………………………………………………… 10
  • Outings und Ausschlüsse von Täter*innen …………………………………………………………… 12

° Konsens-Basics VOR, WÄHREND und NACH sexuellen Handlungen ……………………………………….. 15
° Drogen und Sexualität …………………………………………………………………………………………. 18
° Die heilige Kuh: Strafanzeige …………………………………………………………………………………. 20