[Letztes Update Freitag 25.11] Der türkische Staat greift erwartungsgemäß die kurdischen Gebiete an. Völlig offensichtlich versucht sich das Erdogan-Regime eine „bessere“ Ausgangslage für die nächstes Jahr anstehenden Wahlen zu verschaffen. Und Krieg scheint den Herrschenden schon immer eine gute Basis zu sein um von ihrem Versagen oder ihrer selbstsüchtigen Politik abzulenken. An Menschenverachtung in ihrer Politik überbieten sich die Regierungen dieser Welt gegenseitig.

Im Folgendenden dokumentieren wir einige Aktionen gegen die militärischen Angriffe und Kriegsvorbereitungen der türkischen Regierung. Einen Überblickartikel mit Demonstrationen am Sonntag gibt es bei ANF Deutsch. Außerdem ruft Defend Kurdistan dazu auf, sich vom 30. November bis zum 3. Dezember an den Aktionstagen zu beteiligen

Kundgebung an der Uni Frankfurt

[23.11.2022 nucecivan] “Ihre Kämpfe sind unsere Kämpfe. Ihre Freiheit ist unsere Freiheit.” Kurdische und internationalistische Studierende und Jugendliche haben während der Mittagszeit vor dem PEG-Gebäude der Universität Frankfurt eine Kundgebung gegen den türkischen Besatzungskrieg in Rojava und Başur Kurdistan und die kriegsähnlichen Zustände in Rojhilat organisiert. Kurdische und internationalistische Studierende und Jugendliche haben während der Mittagszeit vor dem PEG-Gebäude der Universität Frankfurt eine Kundgebung gegen den türkischen Besatzungskrieg in Rojava und Başur Kurdistan und die kriegsähnlichen Zustände in Rojhilat organisiert. Während des Protestes riefen die Jugendlichen ebenfalls zu einem Notfall-Treffen am morgigen Donnerstag um 18:00 Uhr im Fachschaftsraum 03 auf.

Insbesondere die Zusammenarbeit Deutschlands mit der Türkei wurde kritisiert und erklärt: “Die Innenministerin Nancy Faeser von der SPD reiste Anfang der Woche zum türkischen Innenminister, um über “Migrationspolitik” und “Zusammenarbeit in der Terrorismusbekämpfung” zu sprechen. Zynisch verkündete sie zuletzt ihre Solidarität mit der Türkei und ermunterte ihren Kollegen bei den türkischen Operationen in Rojava/Nord- und Ostsyrien auf die Zivilbevölkerung acht zu geben.  Was das heißt, sehen wir seit mehr als 5 Jahren in Efrîn! Zwangsumsiedlung, Landraub, Entführungen und Vergewaltigung der einheimischen Bevölkerung durch türkische Soldaten und dschihadistische Milizen.”

Auch die Lippenbekenntnisse der Grüne Partei wurden kritisiert und deutlich gemacht, dass die Partei “Die Grünen” zwar den Angriffskrieg kritisieren, aber nicht handeln, obwohl sie in der Regierung sitzen und Handlungsmacht besitzen.

Die Studierenden und Jugendlichen erinnerten an die Rolle Deutschlands und deutscher Firmen bei den Giftgaseinsätzen in Dêrsim 1938, in Halabja 1988 und in Syrien 2014 und machten auf die aktuellen Angriffe des türkischen Besatzerstaates gegen die Guerilla der Freiheit in Kurdistan aufmerksam, indem sie erklärten:

“Weil seine ganze Technik wie Kampfflugzeuge, Panzer, Drohnen wirkungslos gegen die Methoden der kurdischen Guerilla sind, weil die türkischen Soldaten Angst haben gegen die Guerilla zu kämpfen, setzt der türkische Staat auf Massenvernichtungswaffen wie Chlorgas, Tabun, Senfgas, CS-Gas, thermobarischen Bomben und taktischen Nuklearwaffen.

Bis heute wurde keine offizielle Untersuchungskommission durch den OPCW durchgeführt, obwohl Proben wie Boden- und Wasserproben, Kleidungs-, Haar- und Hautproben von durch Giftgas verstorbenen Kämpfer:innen von Kurdistan bis nach Den Haag zur Zentrale der OPCW gebracht wurden. Warum? Die OPCW begründet es damit, dass nur Mitgliedsstaaten eine Untersuchung einleiten können. Die Bundesregierung verkündete, dass sie keinen Grund sieht, eine Untersuchung einzuleiten. Wir alle wissen, es stehen deutsche Kapitalinteressen auf dem Spiel.

Es geht hier aber nicht nur um Wirtschaft und Geopolitik. Der Aufbruch von Abdullah Öcalan und der kurdischen Freiheitsbewegung vor 45 Jahren war eine große Überraschung für die Kapitalistische Moderne. Unerwartet und mit großen Opfern erkämpfte die PKK die Existenz des kurdischen Volkes. Damit hörte sie nicht auf. Eine starke Frauen-, Demokratie- und Ökologie-Bewegung ging aus ihr hervor. Spätestens mit der Revolution von Rojava erfuhr die ganze Welt von der Stärke der kurdischen Frau. Die Welt sah wie stark insbesondere eine kolonialisierte Gesellschaft sein kann, wenn sie Patriarchat abbaut und sich um die Frau und die Jugend herum organisiert. Die in den Bergen Kurdistans entstandene und in Rojava entwickelte Losung „Jin Jiyan Azadi“ (auf Deutsch Frau Leben Freiheit) wird heute von den kurdischen, belutschischen und iranischen Frauen und Jugendlichen erkämpft. Die Studierenden im Iran diskutieren heute die Vorschläge der kurdischen Freiheits- und Frauenbewegung als Alternative nicht nur zum Mullah-Regime, sondern auch zur westlich-kapitalistischen Hegemonie.

Die Frauen, die Jugendlichen und die Gesellschaften Kurdistans und des Mittleren Ostens haben Gerechtigkeit verdient. Sie haben eine freie Zukunft verdient. Zehntausende sind im Kampf gegen den IS nicht nur für ihre, sondern auch für unsere Freiheit hier gefallen. Ihre Kämpfe sind unsere Kämpfe. Ihre Freiheit ist unsere Freiheit. Die lassen wir uns nicht nehmen!”

Spontandemo in Frankfurt

[22.11.2022 nucecivan] Gestern Abend, dem 22. November hat die kurdische Jugend gemeinsam mit der internationalistischen Jugend und antifaschistischen Gruppen eine Spontandemonstration, um 19:30 Uhr in Frankfurt Höchst durchgeführt. Bei der lautstarken Demonstration wurden die aktuelle Invasion des türkischen Besatzerstaates gegen Rojava und den Süden Kurdistan verurteilt und auf das Massaker des iranischen Regimes in Rojhilat aufmerksam gemacht.

Die 25 Jugendlichen die bei der Aktion zusammenkamen, brachten mit lautstarken Parolen wie “Jin, Jiyan, Azadî”, “Hoch die Internationale Solidarität” und “Alle Besatzer raus aus Kurdistan” ihre Wut gegenüber der anhaltenden Massakerpolitik des türkischen und iranischen Besatzerstaates zum Ausdruck und machten und erklärten, dass sie Seite an Seite mit dem Freiheitskampf in Kurdistan stehen.

Demonstration in Frankfurt

[Sonntag 20.11.2022 ANF] An einer Demonstration des Kurdischen Regionalrats Frankfurt vom Hauptbahnhof zum Goethe-Platz nahmen 400 bis 500 Menschen kurdischer, türkischer, deutscher und verschiedener anderer Nationalitäten teil.Die Demonstrant:innen verurteilten in Sprechchören und auf Plakaten die völkerrechtswidrigen Angriffe des türkischen Diktators Erdogan und die Untätigkeit der Bundesregierung, welche mit der Türkei enge Verbindungen pflegt. In Redebeiträgen wurde der Todesopfer gedacht, die überwiegend Zivilist:innen waren, darunter auch ein Journalist. Außerdem wurde hingewiesen auf die Mittäterschaft der USA und Russlands, die als Garantiemächte in Syrien den Luftraum kontrollieren und den Angriffen im Vorfeld zugestimmt haben müssen, sowie Deutschlands, welches Waffen und Geld an die Türkei liefert und zu den türkischen Völkerrechtsbrüchen und Kriegsverbrechen schweigt.


Eine Sprecherin des Kurdischen Regionalrats Frankfurt erklärte hierzu: „Nach monatelangen Kriegsverbrechen, chemischer Kriegsführung und Massakern in den Bergen Kurdistans, hat der türkische Faschismus mit einer neuen Offensive weite Teile Kurdistans bombardiert. Trotz Killerdrohnen, Giftgasangriffen und pausenlosem Terror gegen die eigene Bevölkerung konnte das Erdogan-Regime den Widerstand des kurdischen Volkes nicht brechen. Der Widerstand der Menschen in Nordsyrien/Westkurdistan und Nordirak/Südkurdistan hat den türkischen Faschismus in die Enge getrieben. Es ist Zeit, dass wir als Demokrat:innen – kurdische, türkische, deutsche, egal welcher Herkunft – zusammenstehen und dieser Schreckensherrschaft ein Ende bereiten!“

In einer weiteren Rede erklärte eine Aktivistin der Kurdischen Frauenbewegung in Europa (TJK-E): „Nach dem Anschlag auf unschuldige Zivilist:innen in Istanbul letzte Woche hat der türkische Staat sofort die Kurd:innen, genauer die YPG in Syrien und die PKK im Nordirak beschuldigt, obwohl alle Parteien jegliche Verbindung zu dem Anschlag verneinten und ihn einstimmig verurteilten. Jetzt ist offensichtlich, dass Erdogan den Anschlag und seine Opfer nur instrumentalisiert, um weitere Massaker in kurdischen Gebieten außerhalb der türkischen Staatsgrenzen zu legitimieren und diese langfristig als Teil seiner neo-osmanischen Großmachtfantasien zu besetzen. Dieser
niederträchtigen Form des Imperialismus und Faschismus werden wir nicht tatenlos zusehen und fordern als kurdische Frauenbewegung in Europa alle solidarischen Menschen zum Handeln auf!“

Aktion junger Internationalistischer Frauen in Frankfurt: Blut an den Händen der SPD!

Aktion gegen türkischen Angriffskrieg an der SPD Zentrale Frankfurt

[Sonntag auf Montag 21.11.2022] Dokumentiert von nuceciwan

Junge internationalistische Frauen protestierten gegen den Besuch der deutschen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) in Ankara, die sich dort mit Süleyman Soylu, dem Justizminister des türkischen Besatzerstaates, trifft.

Die jungen Frauen gingen vor das Frankfurter SPD-Parteibüro und schrieben mit roten Handabdrücken und Farbspritzern, die Blut und Parolen darstellten, “SPD und Erdoğan Hand in Hand Morden in Kurdistan” an die Fensterfront des SPD-Büros.

Video zur Aktion

Die jungen internationalistischen Frauen, die die Aktion organisiert haben, äußerten sich wie folgt;

“Während die deutsche Innenministerin Nancy Faeser, SPD, mit gepacktem Köfferlein auf dem Weg nach Ankara ist um sich mit dem türkischen Innenminister Süleyman Soylu zu treffen, haben wir in der Nacht von Sonntag den 20. auf Montag den 21. November auf dem SPD Parteibüro in Frankfurt am Main eine Botschaft hinterlassen: 

“Rote Handabdrücke und Farbspritzer, die Blut darstellen und der Slogan: “SPD und Erdogan Hand in Hand Morden in Kurdistan” an die Frontscheibeder Hauptparteizentrale gemalt. Hierbei sollen die Handabdrücke aufzeigen, das Blut auch an den Händen der SPD klebt!”

Weiter begründeten die jungen Frauen ihre Aktion mit folgenden Worten:

“Von Ankara ausgehend startete gestern Nacht eine Großoffensive auf kurdische befreite Gebiete, in der Menschen verschiedener Bevölkerungsgruppen und Religionen eine Alternative zum zerstörerischen kapitalistischen System aufbauen. Die Offensive trifft alle, Kinder, Frauen, Jugendliche, Männer, die Natur und jegliches Leben, welches sich vom westlichen Imperialismus nicht unterwerfen lässt. Dieses Leben soll gebrochen, geknechtet und vernichtet werden.
Die Großoffensive reiht sich in ein Kontinuum von militärischen Angriffen und Kriegsführung, den der türkische Faschismus vor allem gegen das kurdische Volk, aber auch andere Minderheiten und freiheitsliebende Menschen seit jeher richtet. Zu dieser andauernden systematischen Kriegsführung schweigt der Westen und die deutsche Politik nicht nur, nein, sie heizen die Kriegsmaschinerie stetig an, durch Gelder, Waffenlieferungen, und eben auch durch eine
Kooperationsbereitschaft, da natürlich stets der eigene Profit gesichert werden soll.

Der Westen akzeptiert und übernimmt die Propaganda und die Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung, die als einzige Kraft eine friedliche Lösung für den mittleren Osten bietet, und Ansätze für die gesamte Welt bereit hält. So lässt die SPD sich auf eine gemeinsame ‚Terrorbekämpfung‘ mit einem
Partner ein, der selbst den puren Terror verkörpert. Das Nancy Faeser der SPD in diesen Tagen an einem Tisch mit der türkischen faschistischen Regierung setzt, zeigt abermals, wie die Interessen der hiesigen und globalen imperialen Politik nicht auf die Achtung von Menschenrechten und dem Schutz des Lebens abzielen , und es niemals tun werden, egal welche Partei an der Spitze eines Nationalstaates stehen wird. Das gesamte System ist mörderisch, ihnen
allen klebt Blut an den Händen!

Also lasst uns unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen!
In Vorreiterschaft der Jugend und der Frauen erstarken weltweit Proteste gegen die tobende Krisen in die die kapitalistische Moderne sackgassenartig steuert.
Lasst uns aufstehen und aufzeigen wer von dieser Krise profitiert, und diese Akteure angreifen!
Wir sind als revolutionäre Bewegungen Teil voneinander.
Lasst uns unsere Verantwortung als Internationalistinnen ergreifen und die Revolution auch hier und überall verteidigen!
Wenn wir uns unserer Kraft bewusst werden, werden wir unaufhaltbar!

Wir wünschen allen viel Erfolg!
Herzliche und revolutionäre Grüße,
internationalistische junge Frauen aus Frankfurt am Main

Smash Turkish Fascism!
Defend Kurdistan!
Jin Jiyan Azadî!

„Jin, Jiyan, Azadî – Das Leben verteidigen!

[Samstag 19.11.2022 ANF] In Frankfurt hat ein Bündnis aus Frauenorganisationen am Samstag gegen patriarchale Gewalt demonstriert. Anlass der Demonstration war der bevorstehende 25. November, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Verband kurdischer Frauen in Hessen (YJK), der Demokratischen Frauenbewegung in Europa (ADKH), Women Defend Rojava, dem Frauenrat Amara, dem Sozialistischen Frauenverband (SKB) und Neue Frau. Die Anlauf- und Beratungsstelle ZORA unterstützte die Demonstration.

Der Aufzug startete am Frankfurter Hauptbahnhof und führte bis zum Willy-Brandt-Platz. Eine Sprecherin wies darauf hin, dass Gewalt gegen Frauen und Mädchen überall auf der Welt menschenrechtsverletzender Alltag sei. Jeder einzelne Fall beschädige die körperliche und seelische Gesundheit der Betroffenen. Daher sei es von existenzieller Bedeutung, dass Frauen und Mädchen ihre Selbstverteidigung organisieren, um patriarchale Gewaltstrukturen zu durchbrechen.


Sakine Cansız, Nagihan Akarsel, Deniz Poyraz

Auf einem kreativ gestalteten Fronttransparent war das Motto der Demonstration zu lesen: „Jin, Jiyan, Azadî – Das Leben verteidigen!“ In einem Redebeitrag wurde betont, dass reaktionäre Ideologien und autoritäre Regime in vielen Ländern körperliche und auch tödliche Gewalt gegen Verfechterinnen der Frauenrechte befeuerten, um den Widerstand dagegen zu überwinden. In diesem Zusammenhang fielen die Namen von Nagihan Akarsel, einer kurdischen Journalistin und Jineolojî-Expertin, die Anfang Oktober von einem türkischen Attentäter im Irak ermordet wurde, und Sakine Cansız, PKK-Mitbegründerin und Führungspersönlichkeit der kurdischen Frauenbewegung, die 2013 in Paris im Auftrag des Erdogan-Regimes hingerichtet wurde. Auch wurde der Name von Deniz Poyraz gerufen. Die Kurdin war 2021 bei einem rassistisch motivierten Anschlag auf die HDP-Zentrale in Izmir getötet worden.