Die Kampagne “Ein Einzelfall kommt selten allein” startete im Mai 2021. Mit einer Demo gegen rechten Terror in Offenbach. Antifaschistinnen nahmen den Fall Franco A zum Anlass für eine Kampagne, die neonazistischen Terror  aufdeckt. Das Bündnis gegen rechten Terror kritisiert den “Einzeltäter”-Mythos und macht regelmäßig auf die Kontinuität rechten Terrors und dessen Verharmlosung aufmerksam. 

Rechtsterroristische Netzwerke in Polizei, Bundeswehr und anderen Zusammenhängen, die seit jahrzehnten Wurzeln schlagen standen im Mittelpunkt der Kampagne. So warn(t)en wir davor, dass die Liste sogenannter Einzelfälle von Polizeigewalt, Tod in Polizeigewahrsam, das Waffen-, Sprengstoffhorten durch rechtsradikale  in Polizei, Bundeswehr und anderen angeblichen Sicherheitsbehörden tä(t)lich länger wird und reg(t)en dazu an genau hinzuschauen sowie antifaschistisch aktiv zu werden.

Wer sind Franco und seine Unterstützer?

Der Bundeswehrelitesoldat Franco A hortete Waffen, plante Anschläge auf deutsche Politiker_innen oder in der Öffentlichkeit stehende Personen, wie die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung Anetta Kahane. In der Planung war Franco besonders kreativ. Mit dem Ziel die rassistische Hetze im Land anzukurbeln, legte er sich für seine rechterorristischen Machenschaften die Identität eines Flüchtlings zu.  Fleißig führte er Feindeslisten über potentielle Mordopfer. Er vernetzte sich breit und natürlich faschistisch.

Was auffällt und uns leider nicht mehr überrascht: Im Netz sind zahlreiche Männer, im Dienste des Staates – die zur Gefahr für die Gesellschaft und ganz besonders Minderheiten werden. Der faschistische Oberleutnant Franco A. bewegt sich im Netzwerk um den KSK-Soldaten „Hannibal“. Damit ist er Teil einer gut organisierten und breit aufgestellen Plattform von aktiven und Ehemaligen Soldaten und anderen Teilen eines vermeintlichen deutschen Sicherheitsapparts. Die extrem-rechten Männer organisierten sich deutschlandweit unter den Namen „Nord-“, „West-“, „Ost-“ und „Südkreuz“.

In den Schlagzeilen stich die Untergruppe Nordkreuz besonders hervor.  Letztere bereitete sich auf eine vermeintliche Katastrophe dem Tag X, vor. Dieser steht stellvertretend für einen Moment, an dem Geflüchtete  angeblich Deutschland überrennen.  Zur Gegenwehr plante Nordkreuz politische Gegner – also Antifaschist_innen – und Migrant_innen am Besten mit Bundeswehr-LKWs an bestimmte Orte zu bringen, um sie dort zu erschießen.  200 Leichensäcke und Ätzkalk wurden vorbereitend bestellt.

Obwohl Franco A aktiv damit beschäftigt war, die Ermordung mehrerer Menschen zu planen wurde er bereits nach 6 Monaten wieder aus der Untersuchungshaft entlassen. Das Verfahren gegen den ehemaligen KSK-Soldaten Hannibal endete mit einer Geldstrafe wegen „Verstoßes gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz“. Der SEK-Polizist Marco G. der Teil der Gruppe Nordkreuz war bekam eine Bewährungsstrafe – weil er 55.000 Schuss Munition und eine illegale Maschinenpistole hortete. Das Verfahren gegen weitere Mitglieder von Nordkreuz wurde ganz eingestellt. Mecklenburg-Vorpommerns inzwischen ehemaliger Innenminister Lorenz Caffier, der seine Waffen aus dem Umfeld von Nordkreuz kaufte, wurde lediglich zu einer Geldstrafe verurteilt.

Auch die Mitglieder des Frankfurter SEK , deren Mitgliedschaft in einer Chatgruppe in der rassistische und antisemitische Inhalte verbreitet wurden im Juni letzten Jahres bekannt wurde, haben dafür kaum Konsequenzen erfahren. Wurde von Innenminister Peter Beuth zunächst noch groß dessen Auflösung angekündigt, bedeutete dies eigentlich nur die Umstrukturierung und Ansiedlung der Einheit bei der hessischen Bereitschaftspolizei. Inzwischen ist bekannt, dass in der Nacht des rechtsterroristischen Anschlags vom 19. Februar 13 eben dieser Polizeibeamte in Hanau im Einsatz waren. Die Ermittlungen gegen 20 involvierte Polizisten dauern an, die Verfahren gegen zwei von ihnen wurden allerdings bereits eingestellt.

Ähnliche Verharmlosung bis hin zur totalen Veblendung der Staatsorgane setzt sich jüngst im Fall Franco A. fort. Franco A.s rechtsextreme Gesinnung hatte er schon in seiner 2013 geschriebenen Masterarbeit erkennen lassen, die durchtränkt war mit antisemitischen Verschwörungstheorien. Jahre später wird in einem  Gerichtsbeschluss zu Franco auf seinen „Glaube an Deutschtum“, die Vorstellung Israel regiert die USA“ oder „Hitler stehe über allem“ verwiesen. Bücher wie „Mein Kampf“ oder „Die Wehrmacht – Der Freiheitskampf des Großdeutschen Volkes“ aus dem Jahr 1940 seien bei ihm gefunden worden. Ebenso CDs mit nationalsozialistischen Liedern…“ 

Im Frühjahr 2022 findet man bei seiner Verhaftung 23 Abzeichen mit Hakenkreuzen und NSDAP-Motiven, 21 Mobiltelefone, 50 Prepaid-Karten, ein gefälschter Impfpass und schriftliche Notizen die als mögliche Beweismittel im endenden Prozess galten.

Sein Prozess vor dem OLG Frankfurt geht heute zu Ende. Was dort verhandelt wurde lässt tief Blicken:

– Zwar gab er den zeitweiligen Besitz von drei illegalen Kriegswaffen vor Gericht zu, es kann jedoch von deutlich mehr ausgegangen werden

– Er war als Munitionswart im Besitz von Waffen und Munition aus den Beständen der Bundeswehr

– Das BKA wusste bereits 2016 von möglichen illegalen Waffenkäufen in Paris.

– Ein Freund gibt an der deutsche Militärische Abschirmdienst (MAD) wisse bereits seit 2017 von konspirativen, rechtsterroristischen Machenschaften Franco Albrechts

– Ein Freund von Ihm kann sich ganz plötzlich doch an gemeinsame Partys mit Hakenkreuz-Deko erinnern und sagt aus, dass seine rechte Gesinnung bekannt war. Auch seine Vorgesetzten wüssten darum.

– Im Plädoyer der Staatsanwaltschaft wird Franco A. als „rechtsradikaler Einzeltäter“ bezeichnet

Der ausgebildete Militär, der eine hochgradige Gefahr für jegliche Form zivilgesellschaftlichen Zusammenlebens darstellt und das ganz besonders für alle die, die nicht seinem Weltbild entsprechen, darf sich über mehr als ein Jahrzent frei bewegen, obschon seine Menschenverachtung Sicherheitsbehörden bekannt ist. Viel mehr ist er selbst in Ihnen aktiv und baut darauf aktuell mit einem Studium der Rechtswissenschaften an der Goethe Uni auf.

Wieder einmal lässt sich festhalten, dass auf den Staat kein Verlass, wenn es um die (juristische) Aufarbeitung rechter Gewalt geht. NationalsozialistInnen wurden nach 1945 wichtige Funktionäre im Staatsapparat, ohne je für ihre grauenhaften Machenschaften während der Shoah belangt zu werden. Nazis sind beständiger Teil von Parlamenten, Justiz, (Polizei-)behörden und Verfassungsschutz. Entgegen dem Postulat einer „Entnazifizierung“ wurde nahezu jegliche Aufklärungsarbeit verdeckt. Die Motivation ist autoritär und antikommunistisch. Spätestens der NSU sollte eigentlich allen gezeigt haben, dass Verbindungen zwischen Geheimdiensten und Neonaziorganisationen offenkundig sind.

Auch im Fall Franco haben wir keine großen Erwartungen an Staat, Justiz, Polizei und Verfassungsschutz und  nicken auch das Urteil von fünfeinhalb Jahren Haft nicht einfach ab.  Statdessen forden wir Aufklärung, solidarisieren uns mit allen Antifaschistinnen, Antirassistinnen und Angehörigen Betroffener rechter Gewalt die nicht den Mut verlieren und sich dem Kampf gegen extrem Rechte widmen. Lasst uns gemeinsam Recherchieren, Aufklären und Faschisten entschlossen entgegen treten. 788 noch nicht vollstreckte Haftbefehle gegen Nazis sind zu viel.

Wir sind gegen jede Organisierung von Rassist_innen, Antisemit_innen und Sexist_innen. Wir nehmen NSU Morde, den NSU 2.U, Hanau , Halle, Kassel und jeden verdammten sogenannten Einzelfall der letzten Monate –  zum Anlass, um immer wieder auf nicht aufgearbeiteten und immer noch existierenden faschistoiden Strukturen in Polizei und Bundeswehr hinzuweisen.

Es ist unfassbar, dass Antifaschist_innen wie Lina, Dy und Jo im Gefängnis sitzen, während sich bewaffnete Rechtsterrorist_innen in Deutschland frei bewegen können. Den Mythos des deutschen Einzelfalls werden wir niemals teilen! Franco A hat Kameraden! Der NSU war nicht zu dritt! Schluss mit dem konsequenten Wegducken! Wir fordern die Auflösung des Verfassungsschutzes und konsequente Bekämpfung extrem rechter Terrorzellen! Die antifaschistische Organisierung bleibt unabdingbar. Gerade deswegen ist ein Bewusstwerden über verinnerlichten Rassismus, Antisemitismus und Sexismus notwendig.

Seid aufmerksam, greift auf bereits vorhandene Recherchen zurück und betreibt Aufklärung über Nazistrukturen. Rechte Terrorzellen entstehen nicht über Nacht. Es gilt Nazis einzuschüchtern und sie wissen zu lassen, dass sie ihre faschistische Ideologie nicht ungestört ausüben können. Antifaschismus ist notwendig und gehört entkriminalisiert! Auf den Staat ist ist kein Verlass. (Un)Sicherheitsbehörden abschaffen!