Wir dokumentieren hier einen Redebeitrag von solidarischen Zusammenhängen auf der queer-feministischen 8. März-Demo zur politischen Gefangenen Ella, die seit über anderthalb Jahren in der JVA-Preungesheim im Knast sitzt.

Liebe Genoss*innen,

„Wir müssen verstehen, dass der gesellschaftliche Wandel vor dem Klimawandel erfolgen muss und dieser Wandel beginnt mit unseren sozialen Beziehungen und das muss der Untergang des Patriarchats sein“ schreibt Ella – eine Aktivistin aus dem Danni – vor ungefähr einem Jahr an eine Genossin. Seitdem ist viel passiert und wiederum erschreckend wenig. Im Juni wurde Ella zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, hauptsächlich gestützt auf Aussagen von anonymen SEK-Beamten, die angeblich ungesichert gewesen sein sollen, während sie Ella (gewalttätig und gegen jegliche Sicherheitsmaßstäbe der Höhenrettung) im Danni aus dem Baum geholt haben, indem Ella war, um die Rodung des Dannenröder Forsts zu verhindern. Bereits vor der Festnahme von Ella, sind mehrere Aktivist*innen durch das SEK und das Festnehmen in großen Höhen teils schwer verletzt worden und musste in Krankenhäuser gebracht werden.

Zurück zu Ella: Beweise gibt es eigentlich keine in dem Prozess gegen sie, aber für einen Richter, der in einem anderem Prozess, in dem es um rassistische Polizeichats ging und in denen es an Beweisen in keinster Art gemangelt hat, die rassistischen Bullen freispricht, scheint es absolut unproblematisch eine junge Frau – im Sinne des doch im Klimabewegungskontext mittlerweile orbitantem Einschüchterungs- und Abschreckungsprogramms durch Repression – für mehrere Jahre in den Knast zu schicken. Seit 1,5 Jahren sitzt Ella nun hier in Frankfurt in Preungesheim im Knast. Wir haben vielfach und auf verschiedene Art und Weise immer wieder unsere Solidarität mit Ella und den anderen Gefangenen ausgedrückt und werden dies auch weiter tun. Anfang des Jahres kam nun Hoffnung auf, dass Ella eventuell schon heute hätte bei uns sein können. Nach dem Zeigen des Films Ella, der im Oktober erschienen ist, ist einem SEK-Bullen nun eingefallen, dass er ja doch gesichert war während der Festnahme und auch seine Kollegen sich gar nicht mehr so sicher sind, ob Ella sie jetzt nun getreten habe oder nicht, sie seien selbst von ihrem Verhalten bei der Festnahme und ihrem eigenen Verhalten in den Videos überrascht gewesen. Damit muss Ella freigelassen werden und zwar sofort! Die Aussagen der SEKler waren der hauptsächliche Grund für die Verurteilung – wenn diese nun nicht mehr bestehen, gibt es keinen Grund, dass Ella länger in Haft sitzt. Dementsprechend haben ihre Anwältinnen einen Antrag auf Haftentlassung gestellt, dem jedoch nicht stattgegeben wurde. Daraufhin ist Ella am 03. März bis zum heutigen Tag, dem 08.03. in einen befristeten Hungerstreik getreten, um ihre Freilassung zu fordern.

Dass an Ella ein Exempel statuiert werden soll und in ihrem Fall von Rechtsstaatlichkeit zu sprechen schwerfällt, ist vielfach gesagt. Dass diese so unglaublich mutige und mit einem unglaublichen Einsatz für eine bessere Welt kämpfende Frau nun in den Hungerstreik getreten ist, schockiert und fordert uns zugleich auf. Es schockiert, da es für eine kämpfende, sich für eine friedliche Welt einsetzende junge Frau, die für ihren Kampf bereits einen sehr hohen Preis gezahlt hat, scheinbar kein anderes Mittel mehr zu geben scheint, für ihr Grundrecht auf Freiheit zu kämpfen, als in den Hungerstreik zu treten.

Und es fordert uns dazu auf, solidarisch mit ihr zu sein und diese Solidarität zu verkünden und auszudrücken auf verschiedenste Arten und Weisen. Es fordert uns dazu auf, für Ella zu kämpfen, sowie sie auch für uns kämpft. Es fordert uns dazu auf, ihren Kampf in die Öffentlichkeit zu tragen und dieses unterdrückerische System anzugreifen. Und es fordert uns dazu auf, für den Untergang des Patriarchats und für eine Gesellschaft, in der alle frei leben können, zu kämpfen, so wie es Ella im Eingangszitat gesagt hat. Ella ist bewusst bis zum 08.03. dem internationalen Frauenkampftag in den Hungerstreik getreten, sie hat in ihren Briefen vielfach von den feministischen Kämpfen in Lateinamerika, der Solidarität der Frauen und der Perfomance „el violador eres tu“ geschrieben. Deswegen lasst uns genau heute in feministischer Solidarität an Ella denken, für sie rufen und laut sein. Schreibt ihr Briefe und zeigt eure Solidarität egal auf welchem Weg. Denn wie der Spruch aus dem Danni so schön heißt: You are not alone! So auch du Ella, du bist nicht allein, wir als Feminist*innen stehen zu und mit dir! Heute und an allen anderen Tagen.

Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Freiheit für Ella und zwar jetzt sofort!