Gefunden auf indymedia

Stets hat die nordhessische Polizei, das Polizeipräsidium (PP) Nordhessen, wegen des schlechten Image ihrer Institution “Hessische Polizei“ auf den Süden des Bundeslandes gezeigt. Rechtsextreme Beamtinnen und Beamte, aufgeflogene rechtsextreme polizeiliche Chat-Gruppen und diesbezüglich ein vollständig aufgelöstes SEK-Frankfurt; noch immer unaufgeklärte Datenschutzskandale (aufgeflogene unzulässige Adressdaten-Abfragen im Zuge der “NSU 2.0“-Ermittlungen) auf hessischen Polizeidienststellen – alles unbekannt für die Polizei in Nordhessen.

Doch nun hat die schöne heile nordhessische Polizei-Welt gleich mehrfachen Schaden genommen. Auch wegen der Landespolizei spricht die Tageszeitung taz bis heute vom “Problembundesland“ Hessen.

Die nordhessische Polizei hat gegen zwei Beamte Disziplinarverfahren eingeleitet, weil diese auf Fotos mit bekannten Rechtsextremen posierten. Eine antifaschistische Gruppe hatte kürzlich über die Gründung einer nordhessischen Sektion der Partei “Der Dritte Weg“ berichtet und ihre ausführlichen Recherchen hierzu online gestellt. Bei einem der Beamten, gegen die nun intern ermittelt wird, soll es sich laut Antifa-Recherchen um einen FDP-Stadtrat aus Bad Wildungen handeln, welcher dienstlich als polizeilicher Jugendkoordinator tätig war. Die Antifa Frankfurt schreibt über die nordhessischen rechtsextremen Umtriebe:

„(…) Es bleibt dabei, kein ruhiges Hinterland für Nazis! [Update 26.4] Unter den mit dem rechten Kampfsportstudio Fight Club 21 in Verbindung gebrachten Menschen sind laut HR auch 2 Polizisten. Der eine Bulle ist als bekannter Nazi anscheinend suspendiert, der andere ist Manuel Luxenburger und als FDP Stadtrat entweder sehr nah an den Rechten dran oder offensichtlich als Politiker und Polizist unfähig zu erkennen wenn er mit bekennenden Nazis unterwegs ist. (…)“

https://www.antifa-frankfurt.org/2023/04/26/kampfsportveranstaltung-in-b…

Vor nicht ganz zwei Wochen hatten sich Rechtsextreme im nordhessischen Bad Wildungen getroffen, u a. um im “Fight Club 21“ Kampfsport zu trainieren. Die Polizei hatte diese Veranstaltung verhindert. Die dadurch bekannt gewordenen Antifa-Recherchen haben dazu geführt, dass Manuel L. wegen eines möglichen „Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht nach dem Beamtenrecht“ auf einen anderen Posten versetzt wurde.

https://www.fr.de/rhein-main/fotos-mit-neonazis-92241233.html

Stets war die Polizei im Präsidiumsbereich (PP) Nordhessen stolz darauf weitestgehend von polizeilichen Affären und Skandalen verschont worden zu sein. Im Sommer ’22 und im Winter ’23 machte der polizeiliche Einsatzleiter Sascha G. in Kassel von sich reden, weil er gleich mehrfach durch zweifelhafte polizeiliche Maßnahmen gegen die politische Fahrradbewegung Critical Mass (CM) und Protestler gegen seinen Parteigenossen, dem ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt Kassel Christian Geselle, auffiel.

Sascha G. war Stadtverordneter für die SPD in Kassel und trug als verkehrspolitischer Sprecher seiner Fraktion die Verkehrspolitik seines Parteigenossen Christian Geselle stets mit. Wie Sascha G. entstammt auch Christian Geselle den Reihen der hessischen Polizei. Zu den von Sascha G. gegen Geselle-Kritiker erteilten Platzverweisen möchte sich die Pressestelle des PP Nordhessen abschließend nicht äußern, so dass auch hierbei weiterhin eine unrechtmäßige polizeiliche Maßnahme im Raum steht.

https://www.hna.de/kassel/einsatz-gegen-klima-aktivisten-sorgt-weiter-fu…

Auch die Tagesschau/Hessenschau berichtet:

Dritter Weg und „Scheiteljugend“: Verfahren gegen nordhessische Polizisten wegen Nazi-Kontakten

Eine linke Recherchegruppe hat Namen und Bilder von mutmaßlichen Rechtsextremisten veröffentlicht. Darauf zu sehen sind auch zwei Polizisten aus Nordhessen. Einer ist bereits suspendiert – der andere spricht von Wahlkampf für die FDP.

Von Sonja Süß und Leander Löwe

Linke Recherchegruppen sind in Nordhessen aktiv, immer wieder veröffentlichen sie Namen und Fotos von mutmaßlichen Rechtsextremisten. Zuletzt gab es ein solches „Outing“ zur rechtsextremen Kleinstpartei Dritter Weg und der bis vor kurzem vor allem auf Instagram aktiven „Scheiteljugend“. Jetzt bestätigte die Polizei, dass auf den Fotos auch zwei Polizisten neben Rechtsextremen zu sehen sind.

Strafverfahren gegen Polizisten

Einer der abgebildeten Beamten sei schon vorher negativ aufgefallen und nicht mehr im Dienst, hieß es von der Polizei am Dienstag. Dem Beamten sei bereits wegen eines anderen Strafverfahrens das Führen der Dienstgeschäfte verboten worden. Das Disziplinarverfahren werde nun ausgedehnt, sei aber aktuell wegen des laufenden Strafverfahrens ausgesetzt.

Der andere Polizist hat sich nach eigener Aussage eher aus Versehen mit einem der Rechtsextremisten ablichten lassen. Der hr hatte den Polizisten Manuel L. aus Bad Wildungen bereits vergangene Woche gefragt, warum er als FDP-Politiker und Polizist in Waldeck-Frankenberg beim Boxtraining mit einem Rechtsextremisten zu sehen ist.

FDP-Politiker posiert mit Neonazi

Er antwortete ausführlich: Er habe es sich als Politiker eine Fotoserie zur Aufgabe gemacht, in der er unter dem Hashtag „RentAStadtrat“ an Trainingseinheiten von Vereinen teilnimmt. „Im November 2021 berichtete ich über das Training in der Kampfsportschule Fight Club 21. Hier ist das von Ihnen erwähnte Foto entstanden“, sagte er dem hr.

Der Betreiber des mittlerweile in Bad Wildungen aufgelösten Fight Clubs stand im Fokus des „Outings“ der linken Recherchegruppe. Der Dritte Weg propagiert gerne Nazithesen von Kraft, Stärke und Männlichkeit – im Fight Club sollen Neonazis das Kämpfen geübt haben.

Disziplinarverfahren wegen Foto

Gegenüber dem hr beteuerte Manuel L., dass er damals nichts von dem politischen Hintergrund des Mannes gewusst habe, mit dem er für das Foto posierte. „Ich stehe mit klarer Meinung gegen Rassismus, insbesondere im Alltag, und mache meinem Umfeld unmissverständlich klar, dass ich nationalsozialistisches und antidemokratisches Verhalten nicht toleriere“, sagte er.

L. untersteht dem Polizeipräsidium Nordhessen, das nun ein Disziplinarverfahren „wegen eines möglichen Verstoßes gegen die Wohlverhaltenspflicht nach dem Beamtenstatusgesetz“ eingeleitet hat. Er sei zunächst von seinen Aufgaben bei der Polizeidirektion Waldeck-Frankenberg entbunden worden und arbeite in einem anderen Bereich des Präsidiums. Gleichzeitig sei aufgrund des „Outings“ der linken Recherchegruppe auch eine Gefährdungslagebewertung für den Beamten eingeleitet worden.

„Stützpunkt Kurhessen“

„Bis zum Ausgang des Disziplinarverfahrens gilt auch bei Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten die Unschuldsvermutung“, sagte Konrad Stelzenbach, Polizeipräsident in Nordhessen. Gleichwohl müsse das Verhalten von Polizisten sowohl beruflich als auch privat der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf einfordere. „Denn so etwas schadet massiv dem Ansehen der Polizei und dem Vertrauen, welches die Bürgerinnen und Bürger in uns setzen“, so Stelzenbach.

Die „Extremismusresilienz“ in der Polizei müsse gestärkt werden. Immer wieder hatte es in den vergangenen Jahren Ermittlungen gegen hessische Polizisten und Polizistinnen gegeben.

Das Outing der Recherchegruppe hatte eigentlich ein anderes Thema: Mitte März gründete der Dritte Weg einen „Stützpunkt Kurhessen“. Damit will die Gruppierung für interessierte Extremisten aus der Region ansprechbar sein und ihre Strukturen festigen.

„Nach vielen Jahren wieder neonazistische Struktur“

Das sei eine Neuerung, sagte Christopher Vogel vom Mobilen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Kassel dem hr: „Das bedeutet, dass es nach vielen Jahren wieder eine neonazistische Struktur in Nordhessen gibt“, sagt Vogel, „die Leute waren da, aber sie waren nicht organisiert und in eine bundesweite Vernetzung eingegliedert.“

Das Landeskriminalamt teilte dem hr mit, an dem Wochenende der Gründung des Stützpunktes Mitte März habe es mehrere Kontrollstellen der Polizei im Bereich Knüll gegeben. In Schwarzenborn (Schwalm-Eder) steht der Reichshof, eine Immobilie, die seit Jahrzehnten Rechtsextremen gehört und ein Treffpunkt für die Szene ist. Es seien 49 Fahrzeuge und 71 Personen kontrolliert worden, teils seien verbotene Gegenstände und Propagandamaterial sichergestellt worden, teilte das LKA weiter mit. Auch ein Haftbefehl wurde demnach vollstreckt.

Im Reichshof sind gewerbliche Veranstaltungen eigentlich verboten. Landrat Winfried Becker (SPD) sagte dem hr, am Mittwoch sei ein Bescheid über ein Zwangsgeld von 2.000 Euro an die Verantwortlichen des Reichshofs geschickt worden.

Scheiteljugend löst sich nach „Outing“ auf

Die Rechtsextremen versuchten zuletzt, besonders um die Gunst von jungen Menschen zu buhlen. Dazu diente auch der Instagram-Account einer Gruppe, die sich „Scheiteljugend Kassel“ nennt, eine Art Vorfeldorganisation des Dritten Wegs, bevor die ihren „Stützpunkt“ gründeten, schätzt Rechtsextremismusexperte Vogel.

Auf dem Account waren vor allem Bilder von Gruppen junger Männern in weißen T-Shirts, weißen Sturmhauben und mit geballten Fäusten zu sehen. Wer sich als „deutschtümelnd“ verstehe und einen rechten Umsturz will, solle ihnen eine Mail schreiben, hieß es unter den Instagram-Posts. Der Account hatte über 600 Follower, nach der „Outing“-Aktion wurden diese Woche alle Bilder gelöscht. Übrig ist nur noch ein Statement, dass die Auflösung der „Scheiteljugend“ bekannt gibt.