Vom AK Untergrund

Am 26. September ging der Prozess gegen Hanna in München zu Ende. Zeitgleich wird die Terminierung der weiteren Verfahren im sog. „Budapest-Komplex“ in Düsseldorf bzw. Dresden absehbar und diese sollen noch dieses Jahr starten. Maja erwartet unterdessen im Oktober ein Urteil in Ungarn. Das jetzige Urteil stellt damit einerseits einen Startschuss in die weiteren Verhandlungen dar, die nochmals größer und umfassender werden. Andererseits gibt das Urteil auch eine klare Schlagrichtung für die kommenden Prozesse und die weitere Kriminalisierung militanter Politik vor.

So weichte das Urteil gegen Hanna in München die bisherigen Rechtsprechungen zu kriminellen Vereinigungen weiter auf. Die bisherigen Berichte über die Urteilsbegründung zeichnen sich vor allem durch Unklarheiten aus: Ist die Vereinigung nun eine neue oder die Fortsetzung der sog. „Hammerbande“ aus dem Verfahren gegen Lina und weitere Genoss:innen? Der Gründungszeitraum bleibt ebenfalls wage. Die vermeintliche Vereinigung soll durch eine Beschuldigte im Budapest-Komplex und zwei weitere Unbekannte gegründet worden sein, mit dem Ziel gewaltsam gegen Faschist:innen vorzugehen.

Damit setzt sich bereits die Entwicklung aus dem Urteil im ersten Antifa-Ost Verfahren fort. Mag auch noch juristisch über das jetzige Urteil gestritten werden, darf das uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die gesellschaftlichen Bedingungen verschlechtern und Möglichkeiten staatlicher Verfolgung in den letzten Jahren immer weiter ausgebaut wurden. Sie ermöglichen des Weiteren immer weitreichendere Möglichkeiten der Überwachung immer breiterer Personenkreise im Umfeld beschuldigter Personen, wie der gesamte Budapest-Komplex ebenfalls eindrücklich zeigt. Die vermeintliche Identifizierung Hannas über ein Indizien-Potpourri aus Kameraaufnahmen wechselhafter Qualität, „Super-Recognizer:innen“ der Polizei und „wissenschaftlichen“ Gutachten stellt eine weitere Entwicklung dar, mit der wir uns als militante Bewegung stärker konfrontiert sehen. Beide Aspekte sind dabei nicht neu, haben sich bereits in unterschiedlichen größeren Verfahren bundesweit, insbesondere im ersten Urteil im Antifa-Ost / Budapest – Komplex, gezeigt und setzen sich damit an dieser Stelle nur fort.

Sie sind Teil einer präventiven Aufstandsbekämpfung, die sich in verschiedenen Gesetzesverschärfungen in den letzten Jahren sowie prominenten Großverfahren von dem Verbot von Linksunten-indymedia, über den Kriminalisierungsversuch des Roten Aufbau Hamburg, Rondenbarg, Leipzig TagX, der Repression gegen die Palästinasolidarität oder diversen §129 – Verfahren bundesweit konkretisiert. Diese wiederum steht im Kontext der sich verschärfenden Krise des Kapitalismus, wie wir in unserem ersten Text bereits versucht haben darzustellen.

Des Weiteren hat der Prozess gegen Hanna die Frage des Untertauchens im Kontext des Budapest-Komplexes in einen deutschen Gerichtssaal getragen. Zwar war sie selbst nicht untergetaucht, dennoch lassen sich Untergrund und Budapest-Komplex nicht trennen. Im Prozess gab es immer wieder mehr oder weniger direkte Bezüge zum Untertauchen anderer Personen. In den kommenden Prozessen in Düsseldorf und Dresden wird das Untertauchen der Angeklagten zwangsläufig deutlich stärker Teil der juristischen Auseinandersetzung im Gerichtssaal und der medialen Begleitung der Prozesse sein. Bereits bei den Festnahmen von Untergetauchten und zuletzt rund um die Selbststellung einiger Beschuldigter im Budapest-Komplex Anfang des Jahres haben sich diese staatlichen Versuche der Delegitimation und Entpolitisierung gezeigt. Auch die Verfolgung ehemaliger Militanter aus der RAF und der Prozess gegen Daniela Klette in Verden zeigt deutlich, dass der Staat eine Gefahr darin sieht, wenn sich Menschen seinem Zugriff erfolgreich entziehen und damit potentiell eine eigene Handlungsfähigkeit erhalten werden kann und eine Alternative zum Knast entsteht.

Die Solidarität mit den Angeklagten und die Begleitung der Verfahren, aber auch die Verteidigung militanter Politik sowie die Fortführung des Kampfes für eine bessere Gesellschaft sind Notwendigkeiten, die wir nicht gegeneinander stellen wollen, als Teil eines Ganzen verstehen und uns in der Zukunft vor diverse Herausforderungen stellen werden.

Auch die Perspektive des Untertauchens in diesem gesamten Komplex dürfen wir nicht der Interpretation des Staates und seiner Repressionsbehörden überlassen. Die Möglichkeit des Untertauchens und das Potential, dass solche Schritte haben können gilt es immer wieder zu betonen. Neben der Realität, dass es möglich ist sich den Repressionsbehörden zu entziehen, muss es uns auch darum gehen Teil der politischen Kämpfe zu werden und damit aus dem reinen Entziehen der Repression handelnde Akteur:innen zu werden. Das ist eine Aufgabe, vor der wir als gesamte Bewegung stehen. Durch eine gesellschaftliche Rechtsentwicklung, zunehmende Kriege und Sozialabbau – kurz einer Verschärfung der Krise des Kapitalismus – wird der Klassenkampf sich weiter vertiefen und damit die Repression weiter verschärfen. Das wird dazu führen, dass das Untertauchen immer mehr auf die Tagesordnung der revolutionären Linken gesetzt wird.

Der Beitrag der Genoss:innen, die nun in Düsseldorf und Dresden auf der Anklagebank sitzen, aber auch von Daniela, Burkhard und Ernst-Volker und andere historische Erfahrungen sind eine Grundlage, die wir nicht aus den Augen verlieren dürfen und sind ein Teil der eigenen Geschichte, auf die wir weiter aufbauen müssen und werden.

Freiheit und Glück allen Genoss:innen in Haft und im Untergrund!