Der Frankfurter Antifaschist Dieter Bahndorf ist gestorben. Als Teil von »Aufstehen gegen Rassismus« und der Frankfurter VVN-BdA war er von antifaschistischen Protesten in Frankfurt und Umgebung kaum wegzudenken. Wir dokumentieren hier deshalb einen Nachruf, den einige Genoss*innen, die im Zuge von Antifa-Aktionen mit ihm zu tun hatten, verfasst haben. Wir sind in Gedanken bei Dieters Angehörigen und Freund*innen. Er wird fehlen.
Dieter Bahndorf ist tot.
Ein Verlust, der auch Menschen, die nicht das Vergnügen hatten, mit ihm befreundet zu sein, schwer trifft. Denn er war immer da. Und er stand immer auf der richtigen Seite. Dabei war es ihm egal, ob er als Einzelkämpfer AfD-Stände mit Absperrband markierte und Flyer gegen Rechts verteilte, um ihrer menschenfeindlichen Ideologie nicht den Platz zu überlassen, den Sturz der Bismarck-Statue verteidigte oder die Kampagne gegen den AfD-Wahlkampf unterstützte, wie im Rahmen der letztjährigen Bundestagswahl. Er war da. Und damit keine Person des Zeitgeists, sondern eine Person mit Haltung, die sich kompromisslos für eine bessere Welt und gegen Menschenfeindlichkeit einsetzte. Und trotzdem verfiel er nicht in den Gestus des heroischen Einzelkämpfers, der andere belehrte. Vielmehr war er ein Ermöglicher, ein Verstärker und eine Art menschlicher Flaschenpost, die an linke Praktiken erinnerte, die möglich und nötig sind – auch wenn die Linke in Ohnmacht und Passivität versinkt. Und als Ermöglicher schaffte er es stets, der Versuchung des autoritären Auftritts als Anführer zu widerstehen.
So auch bei der Kampagne gegen AfD-Stände in Frankfurt: Monatelange hatte er alleine die Stellung gehalten und daran gemahnt, dass rechtsextreme Parteien in der Öffentlichkeit nicht normal sind und nie normal sein sollten. Als im Zuge einer Kampagne gegen den AfD-Wahlkampf 2024 mehr Personen begannen, gegen die AfD-Wahlstände zu protestieren, stellte er sofort sein Wissen, seine Materialien, seine Erfahrungen zur Verfügung. Und er war da, immer, zuverlässig. Aber er belehrte nicht, er wollte nicht bestimmen, er wollte Andere darin unterstützen, aktiv zu sein. Und hatte dabei die Haltung und Beständigkeit, die sie nicht aufbringen konnten. Und als er sah, es lief ohne ihn, zog er sich zurück. Er wusste, es gab jetzt Anderes, wo er gebraucht wurde. Ansprechbar sein konnte. Seine Konsequenz, seine Weigerung Kompromisse mit anti-emanzipatorischen Entwicklungen in der Linken zu machen, zeigte sich auch in seinem unermüdlichen Einsatz gegen „Querdenken“ und die rechte Verschwörungsszene. Auch hier blieb er am Ball, ließ Weggefährt:innen keine faulen Kompromisse durchgehen und kritisierte die Bewegung weiter, auch als der öffentliche Fokus schwand. Es gibt tausende solcher Momente. Schon aus der letzten Vergangenheit. Denn Dieter war immer da, auch wenn niemand sonst da war. Als die AfD in Hofheim tagte, meldete er eine Demo an, einfach weil er nicht wollte, dass es keine gab. Er war da und gab Anderen den Raum, um ihren Protest auf die Straße zu tragen. Und er erinnerte uns daran, dass es immer die Möglichkeit gibt, zu widersprechen. Die Möglichkeit gibt, Nein zu sagen. Trotzdem auf die Straße zu gehen, auch wenn man alleine ist. Trotz Allem nicht mitzumachen im falschen Konsens.
Jetzt ist er nicht mehr da. Er wird nicht mehr da sein, wenn die AfD auf Frankfurts Straßen steht. Er wird nicht mehr da sein, wenn Verschwörungstheoretiker:innen eine falsche Kritik an der Gesellschaft erzählen und linke Strukturen kapern. Er wird nicht mehr da sein, um für eine Kampagne für ein AfD-Verbot zu werben, um sich nicht ohnmächtig dem Rechtsruck zu ergeben. Frankfurt verliert damit eine der wichtigsten Personen der Stadtgesellschaft. Ohne dass alle es direkt merken werden. Aber ohne ihn fehlt eine der wichtigsten Figuren des öffentlichen Raums. Der die Tür für das Gute immer einen Spaltbreit offengehalten hat. Mit Konsequenz, gerne mit Anderen, zur Not alleine.
Wir werden ihn sehr vermissen. Er wird fehlen.
Wir werden an ihn denken, wenn wir trotz allem weitermachen. Weil es wichtig ist, da zu sein, sodass Andere dazu kommen können.
Einige Frankfurter Antifas